Beim Bau von Terminal 3 am FrankÂfurter FlugÂhafen zeichnet sich der nächste Skandal ab. Wie die FrankÂfurter Rundschau meldet, ist der BodenÂaushub "stärker mit polyÂfluorÂierten ChemiÂkalien (PFC) belastetet als bei BauÂbeginn angeÂnommen", und Fraport findet aktuell kein Loch, wo er vergraben werden könnte. Daher planen sie "zwei Erdhügel auf dem FlugÂhafenÂgelände", die das kontaÂminierte Material aufnehmen sollen. OffiÂziell handelt es sich um ein "BodenÂbereitÂstellungsÂlager" mit einer BetriebsÂdauer von (zunächst?) fünf Jahren, dann soll eine endgülÂtige Deponie gefunden sein. Das wirft eine Vielzahl von Fragen auf.
Als erstes stellt sich die Frage, warum das Thema erst jetzt aufkommt. Die Baugrube für Terminal 3 wurde von Ende 2015 bis Ende 2017 ausgeÂbaggert. Wenn erst jetzt ein Lager mit einer "versieÂgelten SohlenÂabdichÂtung" und einer Abdeckung, die AusÂschwemÂmungen verhindern soll, geschaffen wird, wo und wie wurde das Material dann in den vergangÂenen zwei Jahren gelagert?
Dass der Boden dort mit PFC belastet ist, war schon vor Baubeginn klar. Schon vor mehr als 15 Jahren haben BodenÂproben auf der ehemaÂligen Rhein-Main-Airbase hohe Werte für PFT ergeben, eine StoffÂklasse, die Teil der PFCs sind. Seit 2007 sind auf dem FlugÂhafen GrundÂwasser-EntÂnahmeÂbrunnen und -ReiniÂgungsÂanlage in Betrieb, um zu verhindern, dass diese Stoffe TrinkÂwasserÂbrunnen und das MainÂwasser gefährden. Aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken im KreisÂtag Groß-Gerau 2015 geht hervor, dass das GrundÂwasser, das durch dieses Gebiet strömt, stark und mit steigender Tendenz mitFT belastet ist.
WIe kann es daher sein, dass der BauÂbeginn für Terminal 3 genehmigt wurde, ohne dass der Boden vorher sorgfältig beprobt und ein Nachweis für einen sicheren EntsorÂgungsweg verlangt wurde? Bei dieser klaren AusgangsÂlage hätte es niemals passieren dürfen, dass erst nach mehr als zwei Jahren ein Problem festgeÂstellt wird.
Dann stellt sich natürlich die Frage, was eigentÂlich das Problem ist. Bei den PerÂfluorÂierte ChemiÂkalien (PFC) handelt es sich um eine StoffÂgruppe, die aus einer Vielzahl von EinzelÂsubstanzen besteht, die normaleÂrweise in der Natur nicht vorkommen. Einige davon haben technisch hoch erwünschte EigenÂschaften und werden in großen Mengen produziert (u.a. für Outdoor-Kleidung, WarmÂhalteÂbecher und andere lebensÂnotwendige Produkte), andere entstehen als Neben- oder ZwischenÂprodukte in diversen chemiÂschen ProdukÂtionsÂprozessen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie bioÂlogisch nicht abbaubar sind und sich in der Umwelt anreichern. Für einige von ihnen ist die SchädÂlichÂkeit für Menschen und Tiere, Pflanzen und/oder Mikroï½organismen nachgeÂwiesen, für die anderen wird sie vermutet. An vielen diesbeÂzüglichen Fragen wird derzeit noch geforscht.
Auch die GewässerÂüberwachung in Hessen hat sich vor Jahren mit dem Problem ausÂeinanderÂgesetzt, aber seither nicht mehr viel in diesem Bereich getan. Das war u.a. in Baden, Bayern und Nordrhein-Westfalen anders, weil dort eine Reihe von Skandalen die Behörden zum Handeln zwangen.
Das größte Problem mit PFC-BelasÂtungen hat hierzuÂlande wohl die Bundeswehr. Ãœber 100 ihrer Standorte sind belastet oder gelten als VerdachtsÂfälle. Grund dafür ist in den meisten Fällen der exzessive Einsatz von LöschÂschäumen, die diese Substanzen enthalten. An einigen dieser Standorte, wie z.B. in Manching in Bayern, wehren sich BürgerÂinitiaÂtiven gegen die davon ausgeÂhenden BelasÂtungen der Umgebung und die VerzögeÂrung der notwenÂdigen SanieÂrungen. Aber auch an zivilen Flughäfen wie in DüsselÂdorf ist das Problem vorhanden und es wird über SanierungsÂmaßnahmen gestritten.
Vor diesem HinterÂgrund ist es geradezu absurd, dass sich Fraporvon der Größe der Belastung des T3-Aushubs überÂrascht gibt und sich auch noch wundert, dass geeignete Deponien nicht zur Verfügung stehen. Das bundesÂweite Ausmaß des Problems ist derart, dass schon seit Jahren nach Lösungen gesucht wird, wie PFC in der Umwelt eliminiert werden können, da eine DeponieÂrung aller belasteten MateriaÂlien schlicht nicht möglich ist. Wer unter diesen BedingÂungen eine hochÂgradige VerdachtsÂfläche aushebt, ohne ein Konzept für den sicheren Umgang mit dem Material zu haben, handelt schlicht verantÂwortungsÂlos.
Fraport steht damit allerÂdings nicht alleine da. In einer ausführÂlichen Analyse in einem US-NachÂrichtenÂdienst weist Sharon Lerner nach, dass die beiden US-Konzerne, die diese Substanzen aserste im großen Stil vermarkÂteten, die 'Minnesota Mining and Manufacturing Company', heute bekannt als 3M, und DuPont, schon in den siebziger Jahren des vorigen JahrÂhunderts sehr genau wussten, wie toxisch und umweltÂschädlich sie waren, aber die Berichte darüber mit staatÂlicher UnterÂstützung aktiv unterÂdrückten. Auch hier und heute ist nicht zu erwarten, dass die zustänÂdigen Behörden konsequent gegen den verantÂwortungsÂlosen Umgang mit dem belasteten Material vorgehen werden. Widerstand wird auch hier nötig sein.
Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de, Aktuelles
Weitere Infos
Das Problem, dass Fraport nicht weiß, wohin mit dem belasteten Aushub ist schon neu. Sie hatten geplant, den Aushub auf eine geeignete Deponie zu verfrachten, haben aber festgestellt, dass es die notwendigen Deponiekapazitäten nicht gibt. Deshalb wird jetzt ein Zwischenlager auf dem Stadtgebiet von Mörfelden-Walldorf geplant.
Wo lagert die belastete Erde jetzt? Auf dem Flughafen? Damit auf dem Stadtgebiet von Frankfurt?
https://www.fr.de/frankfurt/fraport-plant-lager-giftige-erde-zr-13118468.html
Die Baugrube für das Terminal 3 ist bereits seit längeren ausgehoben und die Betonarbeiten haben begonnen.
Es drängt sich die Frage auf, wo und unter welchen Umständen der mit perfluorierten Chemikalien belastete Erdaushub aktuell lagert?