Vergleiche sind immer etwas problematisch, aber ein starkes Indiz ist es allemal: unter den Top Ten der Emittenden von CO2 im EU-Emissionshandelssystem EU-ETS im Jahr 2018 sind neun Kraftwerke und eine Fluggesellschaft: Ryanair.
Die irische Airline belegt Platz 9 in der Hitliste, davor liegen 8 Braunkohle-Kraftwerke (7 davon aus Deutschland), danach ein polnisches Steinkohle-Kraftwerk. (Einige Medien berichten Ryanair auf Platz 10, und es kann durch Nach�medungen und Korrekturen zu weiteren Verschiebungen kommen. Für die Kernaussagen spielt das keine Rolle.) Würde man allerdings noch berücksichtigen, dass CO2 höchstens die Hälfte, vielleicht sogar nur ein Viertel der Klimawirkungen des Luftverkehrs ausmacht, würde Ryanair noch etliche Braunkohle-Kraftwerke hinter sich lassen. Ryanair-Chef O'Leary interessiert das allerdings nicht, er hält die Wissenschaft vom Kimawandel für kompletten und völligen Unsinn.
Dass die ETS-Liste bezüglich der Luftfahrt nur beschränkten Wert hat, zeigt schon die Tatsache, dass die größte europäische Fluggesellschaft, die Lufthansa (hier allerdings ohne ihre Töchter) erst auf Platz 53 auftaucht. Das liegt insbesondere daran, dass das EU-ETS auf inner-europäische Flüge beschränkt ist. Dort hat Ryanair den größten Marktanteil, während Lufthansa deutlich mehr Emissionen im Interkontinental-Verkehr erzeugt.
Trotzdem zeigt sie einen wichtigen Trend auf. Dass Ryanair in die Spitzengruppe aufrücken konnte, liegt am ungebrochenen Wachstum des Luftverkehrs, wie die Online-Plattform EurActiv analysiert: "ETS-Emissionen gingen aktuell um 3,9% zurück, fast ausschliesslich aufgrund des reduzierten Kohle-Verbrauchs. Aber der Luftfahrt-Sektor brach diesen Trend und setzte den jährlichen Anstieg fort. 2016 wuchsen die Kohlenstoff-Emissionen um 8%, 4,5% im Jahr danach, und 4,9% in 2018." (eigene Übersetzung).
Wie ein Blick in diese Liste ebenfalls zeigt, liefert auch dieser Emissionshandel keinen allzu grossen Anreiz für die Fluggesellschaften, ihren CO2-Ausstoss zu minimieren, denn sie erhalten fast die Hälfte der benötigten Zertifikate umsonst. Für den Rest kommen beim derzeitigen Zertifikats-Preis von ca. 22 €/t CO2 zwar noch einige Millionen zusammen, ein wirklich relevanter Kostenfaktor ist das aber nicht. Das System ist daher nur geringfügig besser als das internationale Kompensationssystem CORSIA, in dem die Fluggesellschaften derzeit noch nichts und für die kommenden zehn Jahre voraussichtlich fast nichts zahlen müssen. Und das, obwohl der globale Luftverkehr, würde man ihn in einer Liste mit den Staaten aufführen,benfalls unter den Top Ten der Emittenden rangieren würde.
Es ist also allerhöchste Zeit, dass auch hierzulande die Rufe nach mehr Klimaschutz im Luftverkehr lauter und drängender werden und die komplette Ignoranz von Politik und Wirtschaft auf allen Ebenen aufgebrochen wird.
Zur allgemeinen CO2-Emissions-Entwicklung in Deutschland gibt es auch eine scheinbar positive Nachricht. Wie Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt in einer gemeinsamen Pressemitteilung verkünden, sind diese Emissionen im letzten Jahr nach vorläufigen Ergebnissen um 4,2% zurück gegangen. "Gründe für diese Entwicklung sind der zurückgehende Verbrauch von fossilen Energien und die außergewöhnliche Witterung im Jahr 2018. Im Vergleich zu 1990 hat Deutschland seine Emissionen damit um 30,6 Prozent gesenkt. Bis 2030 müssen die Emissionen nach Beschlusslage der Bundesregierung um mindestens 55 Prozent gesenkt werden."
Die "außergewöhnliche Witrung" meint in erster Linie den sehr milden Winter und den dadurch bedingten geringeren Bedarf an Heizenergie, aber auch die extreme Trockenheit im Sommer, die zu Niedrigwasser, Reduzierung der Binnenschifffahrt und damit auch zu zeitweiser Knappheit und Verteuerung von Öl und Kohle geführt hat. Nett formuliert sind aber auch die Perspektiven. Wenn man in knapp 30 Jahren über 30% Emissionssenkung erreichen konnte, klingen knapp 15% in gut 10 Jahren nicht so dramatisch - man hat ja jetzt Übung. Großzügig übergangen wird dabei, dass der Plan für 2020 eigentlich 40% Einsparung vorsah und dieses Ziel krachend verfehlt wird.
Und so werden auch hier wieder kleine Erfolge gefeiert, um das große Versagen zu verbergen. Aber hier versagt nicht nur die Regierung. Auch die deutsche Industrie demonstriert bei ihrem aktuell stattfinden 'Klimakongress', dass sie unfähig ist, auf die Herausforderungen angemessen zu reagieren. Sowohl in der Pressemitteilung, als auch ausführlicher in der Rede seines Präsidenten, warnt der BDI vor zu hohen Zielen ("Ein Reduktionsziel von 95 Prozent bis 2050 geht komplett an der Wirklichkeit vorbei.") und möchte lieber andere machen lassen, anstatt selbst etwas zu verändern ("Erforderlich sind vergleichbare Klimaschutzanstrengungen im Ausland und die Möglichkeit, Minderungen im Ausland zu finanzieren und im Inland anzurechnen"). Dass damit die Reduktionen, die notwendig sind, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, nicht erreicht werden können, ist ihnen egal. Man kann kaum eine bessere Begründung dafür finden, was es braucht, um eine zukunftsfähige Welt zu sichern: ahref="https://www.youtube.com/watch?v=weQgjr_I7YI" target="_blank" title="Neue Seite: YouTube-Video, 15.05.2018 'Eröffnungsrede von 'System Change, not Climate Change!' beim Austrian World Summit 2018'" moz-do-not-send="true">System Change, not Climate Change!
Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de, Aktuelles