Dachsicherung

Das Timing war Zufall, hätte aber kaum besser sein können. Kaum hat der gestrige Vorfall die Gefähr­lich­keit von Wirbel­schleppen ins Gedächt­nis zurück gerufen, erscheint ein Gut­achten, das erneut ein ganz schlechtes Licht auf das Fraport-Dach­sicherungs­programm wirft. Die BI Flörs­heim-Hoch­heim hat die Sicherung eines Daches, das 2015 gesichert wurde und ausdrück­lich nicht auf der Fraport-Mängel­liste stand, von einem unab­hängigen Sach­verstän­digen über­prüfen lassen. Das Ergebnis ist ver­nichtend.

Die Mängel­liste ist lang: Wichtige Unter­lagen wurden nicht über­geben, Schuppen und Vordach wurden garnicht gesichert, auf dem Hauptdach wurde das Sicherungs­schema nicht einge­halten, in verschie­denen Dach­berei­chen wurden die Ziegel nicht fach­gerecht befestigt, die Schnee­fang­anlage wurde unzu­reichend befestigt.
Höhe­punkt waren aber die Sicher­heits­dach­haken. Dazu stellt der Gutachter knapp fest:

"Es besteht bei der Benutzung der Anschlag­punkte/Dach­haken für die Seil­sicherung ein erhöhtes Absturz­risiko für den Benutzer. Der Zugang zum Dach muss gesperrt werden. Arbeiten am Dach können nur mittels Gerüst­erstellung ausge­führt werden."

Dazu gibt er noch den Hinweis, dass diese Sicher­heits­haken jährlich gewartet werden müssen - etwas, was den meisten Haus­besitzern, die solche Dinger von der Fraport aufge­setzt be­kommen haben, unbe­kannt sein dürfte.

Die Bilanz dieses Falls ist für die betroffene Haus­besitzerin also miserabel: alles, wovon sie unab­hängig von der Siche­rung gegen Wirbel­schleppen viel­leicht einen Vorteil haben könnte (Schnee­fang­gitter, Sicher­heits­haken) ist Pfusch und funktio­niert nicht, und inwieweit die vorhan­dene Klamme­rung gegen Wirbel­schleppen hilft, weiss sowieso kein Mensch.
Schlimmer aber sind die aufge­deckten systema­tischen Mängel wie fehlende Doku­menta­tionen, fehlende Kenn­zeich­nungen, fehlende Wartungs­hinweise usw., die ja vermut­lich für die grosse Mehr­heit oder sogar alle durch­geführ­ten Siche­rungs­maß­nahmen zutreffen, sowie die Tatsache, dass gravie­rende Mängel wie die fehlende Siche­rung ganzer Dach­teile bei der Fraport-Ab­nahme nicht aufge­fallen sind. Das führt nicht nur das Fraport-Geschwätz von den "umfang­reichen Kontroll- und Qualitäts­sicherungs­maßnahmen", mit dem sie von der BI empfohlene Anfragen besorgter Haus­eigen­tümer nach der Qualität der Dach­sicherung abwimmeln wollen, ad absurdum. Es wirft auch ein bezeich­nendes Licht auf die Qualität der Aufsicht durch das Minis­terium, das noch im Juli in einer Antwort auf einen Offenen Brief des Vereins 'Für Flörs­heim' geant­wortet hat: "es ist zu unserer Über­zeugung sicher­gestellt, dass der Vollzug durch die Fraport AG ordnungs­gemäß erfolgt und nicht an system­beding­ten Mängeln leidet". Noch weiter kann man kaum daneben liegen.

Presse­mittei­lung anläss­lich der Veröffent­lichung des Gutachtens "den Rück­tritt von Stefan Schulte [als Geschäfts­führer der Fraport] und Betriebs­beschrän­kungen für die Nord­west­lande­bahn". Angesichts der Tatsache, dass mangel­hafte Dach­siche­rungen das Leben von Menschen gefährden können, ist die Rück­tritts­forderung sicher­lich berech­tigt. Um Fraport aber generell zu einer anderen Heran­gehens­weise zu zwingen, ist der Austausch einzelner Personen wohl kaum aus­reichend. Und Betriebs­beschrän­kungen, die ja dann generell für den Anflug bei Betriebs­richtung 07 gelten müssten, wären eben­falls nur denkbar, wenn die Kumpanei zwischen Landes­regierun un Fraport aufge­brochen und die Sicher­heit der Bevölke­rung an erste Stelle rücken würde. Aber grundsätzlich lässt sich das Problem ohne Beschränkungen natürlich nicht lösen.
Nahe­liegender ist aller­dings zunächst die Forde­rung der Links­fraktion im Hessi­schen Landtag: "Alle im Auftrag der Fraport gesicherten Dächer müssen unab­hängig über­prüft werden." Perspek­tivisch viel wichtiger ist aber die eben­falls in der Presse­mittei­lung enthal­tene Forde­rung: "Die komplette Umset­zung der Dach­siche­rungen durch die Fraport AG gehört jetzt auf den Prüfstand." Ein wichtiger Schritt dazu könnte der mit der PM veröffent­lichte < hre="http://www.bi-fluglaerm-raunheim.de/aktuell/180904_BANT_LINKE_Wirbelschleppen_Dachsicherung_Schaeden.pdf" target="_blank" title="PDF-Dokument: Berichtsantrag Linksfraktion Hessen, 04.09.2018 'betreffend Wirbelschleppen am Frankfurter Flughafen: technische Anforderungen an die Sicherung von Dächern und Bewertung von Schäden in den Einflugs" moz-do-not-send="true">Berichts­antrag sein. Hier sind erstmals alle wichtigen offenen Fragen zu diesem Programm zusammen­gefasst, und die Landes­regierung wird Mühe haben, ihren bishe­rigen Verschleie­rungs- und Beschwich­tigungs-Kurs in der Beant­wortung fortzu­setzen. Leider sind die parlamen­tarischen Verfahren derart, dass eine Behandlung dieses Antrags wohl frühestens im November zu erwarten ist.

Wir sehen uns durch dieses Gutachten in der Auffas­sung bestätigt, dass das Dach­sicherungs­programm nicht vor Wirbel­schleppen­schäden schützt und bleiben bei dem Fazit, das wir in der Presse­mittei­lung anlässlich des Schadensfalles im Mai gezogen haben und das aus unserer Sicht formuliert, was jetzt wichtig wäre:

"Die Konsequenz ... kann nur sein, dass über bewohntem Gebiet keine Anflüge geplant und erlaubt werden dürfen, deren Wirbel­schleppen am Boden Schaden anrichten können.
Solange über die Ausbrei­tung von Wirbel­schleppen im Lande­anflug keine voll­ständige Klarheit besteht, sind solche Anflüge soweit wie möglich zu mini­mieren und insbe­sondere bei Wetter­beding­ungen zu vermeiden, die das Absinken der Wirbel­schleppen zum Boden befördern.
Eine weitere Erhöhung der Zahl der Flug­bewegungen, wie von Fraport und der Landes­regierung angestrebt und nach wie vor erlaubt, ist unter diesen Beding­ungen unver­tretbar."

Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de