Grundsteinlegung für Terminal 3

In rund drei Wochen, am 29. April, will Fraport den Grund­stein für das Haupt­gebäude von Termi­nal 3 legen. Eine beson­dere prak­tische Bedeu­tung für den Baufort­schritt hat das nicht, aber Fraport nutzt wie immer gerne die Symbolik, die in alten Bräuchen steckt. Zwar wissen wir nicht, wer den Stein legen oder darauf herum­hämmern darf, und auch nicht, was die 'Zeit­kapsel' enthält, die bei sowas meist mit einge­mauert wird, aber ein anderer Zweck ist klar: Fraport lässt die Poli­tiker antanzen, die öffent­lich ihre Unter­stützung für dieses Projekt bekunden sollen (und grössten­teils wollen).
Ahnlich wie beim ersten Spaten­stich kann man nun auch wieder darüber speku­lieren, ob Minister Al-Wazir diesmal teil­nehmen wird, oder ob er sein früheres Ver­sprechen ("Mit mir wird es kein Terminal 3 geben.") weiter so 'konkre­tisiert', dass bei solchen Terminen sein Staats­sekretär ran muss. Einen Unter­schied macht es nicht.

Für uns ist dieser Termin Anlass, noch einmal zu rekapi­tulieren, wofür da der Grund­stein gelegt wird. Terminal 3 ist der letzte Schritt der aktuellen Ausbau-Phase, mit der die Kapa­zität des Flughafens auf mindes­tens 701.000 Flug­bewe­gungen pro Jahr, wenn möglich aber auch mehr, gestei­gert werden soll. Das ver­gangene Jahr hat sehr deutlich bewiesen, dass die Terminal­kapazi­täten, insbe­sondere die Sicher­heits­kontrollen, bereits jetzt Engpässe sind, die das Wachstum des Flug­hafens hemmen, wenn auch nicht die entschei­denden. Aber ohne Verbes­serungen in diesem Bereich wären die nächsten chs­tums­schritte nicht möglich, da die Terminals 1 und 2, die für zusammen etwa 68 Millionen Passa­giere jähr­lich angelegt wurden, bereits jetzt ausge­lastet sind.
Terminal 3 soll daher die Grund­lage liefern dafür, dass die Zahl der Flug­bewe­gungen spätes­tens ab dem über­nächsten Jahr, wenn der Billig­flugsteig G in Betrieb gehen und jähr­lich 4 bis 5 Millionen Billig­flieger abfer­tigen soll, wieder kräftig wachsen kann. Insgesamt soll es die Abferti­gung von T3 und die Folgen

Das ist zwar ein Cartoon, aber leider kein Witz:
Wenn Terminal 3 in Betrieb geht, zahlen die Anwohner
mit ihrer Gesundheit. (Original: Harm Bengen,
Toonpool)

Der Umgang der Fraport mit diesen Belas­tungen ist eine Unver­schämt­heit, die kaum noch in Worte zu fassen ist. Über­wiegend werden sie natür­lich ignoriert und ihre Konse­quenzen geleugnet. Wenn sie sich aber mal dazu äussern, kommt das einer Verhöh­nung der Betrof­fenen gleich, wie etwa mit der Präsen­tation in der jüngsten Sitzung der Flug­lärm­kommission, die angeb­lich "Das Betriebs­konzept von T3 im Hinblick auf die Vermei­dung von Lärm- und Schad­stoff­emissionen" dar­stellen sollte. Präsen­tiert wurden uralte, längst über­holte geb­nisse von Gutachten aus dem Plan­fest­stellungs­verfahren, die auch noch so ausge­wählt waren, dass die wichtigen Fragen garnicht thema­tisiert wurden.

Zum Lärm erfährt man darin nur, dass es durch den 'Roll- und Boden­lärm', d.h. durch alles, was sich auf dem Flug­hafen­gelände motori­siert am Boden bewegt, in Walldorf und Zeppelin­heim deutlich lauter wird, der Fluglärm aber (dort) nicht zunimmt. Helfen sollen leisere Trieb­werke, die die Airlines nutzen oder auch nicht. Möglich­keiten, hier ander­weitig Abhilfe zu schaffen, etwa durch Lärm­schutz­wände oder durch Ausbau und Erhalt der letzten Wald­streifen für mehr Lärm­schutz, werden nicht einmal disku­tiert. Die gewaltige Zunahme des Fluglärms an anderen Orten und der Lärm durch den Erschlies­sungs­verkehr werden nicht thema­tisiert.
Fast noch schlimmer ist aber der Umgang mit den Schad­stoff-Emis­sionen. Als hätte es in den letzten Jahren keine neuen Erkennt­nisse gegeben, wird die Ultra­fein­staub-Proble­matik weiter komplett ignoriert, und zu Stickoxiden werden die alten, völlig falschen Prog­nose-Rech­nungen präsen­tiert, wonach die Stick­oxid-Emisï½sionen aus dem Kraft­fahrzeug­bereich stärker abnehmen sollen als die aus dem Flug­betrieb zunehmen. Im Ergebnis wird dann, ange­sichts des Diesel-Skan­dals nachweis­lich falsch, festge­stellt: "Entlas­tung bei Luft­schad­stoffen durch günstige Entwick­lung der Kfz-Emis­sionen"
Dass die Flug­lärm­kommission diese Frech­heit offen­sicht­lich kommentar­los zur Kenntnis genommen hat, anstatt Fraport dafür öffent­lich an den Pranger zu stellen und sie aufzu­fordern, das Ganze nochmal mit ordent­lich ermit­telten, aktuellen Ergeb­nissen abzu­liefern, ist ein schwer­wiegender Mangel. Erklärbar ist er wohl nur dadurch, dass die meisten Betei­ligten es längst aufge­geben haben, von Fraport irgend etwas Brauch­bares zu erwarten.

Fraport unter­scheidet sich damit aller­dings nur unwesent­lich von anderen Flug­hafen-Betrei­bern in Deutsch­land. Anläßlich seiner 'Frühjahrs­tagung' feuert deren Dach­verband ADV eine wahre Breit­seite an Presse­erklä­rungen ab mit unter­schied­lichsten Sub­ventions­forde­rungen, mal für Regional­flug­häfen, mal für Infra­struktur­ausbau an Flug­häfen allge­mein. Jedes Bewußt­sein für mögliche Grenzen der Expan­sion fehlt völlig, Klima­wandel findet in deren Welt nicht statt. Statt­dessen wird der Wett­bewerb mit den anderen Mega­hubs der Welt beschworen, und Fraport-Chef und ADV-Sprecher Schulte zitiert mit den Worten: "Wenn die deutschen Flug­häfen hier nicht nach­ihen dürfen, wird der Wirt­schafts- und Logistik­standort Deutsch­land beschädigt". Und auch öffent­lich-recht­liche Medien singen das Lied vom notwen­digen Mithalten im inter­natio­nalen Wett­bewerb ohne jeg­lichen kritischen Ton mit.
Vor Kurzem gab es aller­dings auch beim ADV aus Anlass der 'Inter­natio­nalen Tourismus­börse' ITB in Berlin wenig­stens einen kleinen Hinweis darauf, wozu der Aufwand haupt­sächlich dient: laut dama­liger Presse­mittei­lung formu­lierte ADV-Geschäfts­führer Beisel die Forde­rung so "Die Ver­kehrs­po­li­tik ist gefor­dert, die Rah­men­be­din­gun­gen so zu gestal­ten, das sch Flug­hä­fen sowie deut­schen und inter­na­tio­na­len Air­lines Chan­cen bie­ten, an die­sem Wachs­tums­markt teil­zu­ha­ben. Nur so kann der Luft­ver­kehr die not­wen­dige Kata­ly­sa­tor­funk­tion für die natio­nale Tourismus- und Volks­wirt­schaft erfül­len".

Damit ist zumindest der Haupt­treiber der Expansion mal benannt, auch wenn die wahren Dimensionen ver­schleiert bleiben und irgend­wie die 'Volks­wirt­schaft' auch noch beteiligt sein soll. Die Zahlen gelten aber nach wie vor: 65% aller Flug­reisen sind privat und über­wiegend Urlaubs­flüge, im Europa-Verkehr sind es 60% und im Inter­konti­nental-Verkehr 70%. Über den Carbon Footprint des Tourismus und die Unmög­lich­keit, ihn mit den Klima­zielen des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen, sowie die sonstigen sozialen und ökolo­gischen Probleme, die er mit sich bringt, haben wir auch schon berichtet. Zu ergänzen wäre noch, dass die führenden Touris­mus-Manager über­wiegend eben­falls keine Ahnung haben, wie der Tourismus klima­verträg­lich gestaltet werden könnte.
Esght also nicht um den 'Wirtschafts­standort Deutschland'. Die Schultes dieser Welt gefährden in ihrer Borniert­heit und betriebs­wirtschaft­lichen Scheu­klappen­sicht den Standort Erde, der zwar keinem Wett­bewerb ausge­setzt ist, aber durch Profitgier unbe­wohnbar gemacht werden könnte. Es ist höchste Zeit, diesen Katas­trophen­kurs zu korri­gieren. Das geht auch dann noch, wenn ein weiterer Grund­stein dafür gelegt ist. Schon Bertolt Brecht wusste: "Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war." Von allein kommt diese Erkenntnis aller­dings in der Regel nicht. Man sollte die Grund­stein­legung daher zum Anlass nehmen, Fraport und die sie unter­stützen­den Politiker mit den aktuellen Forde­rungen der 'Fridays for Future'-Initiative zu konfron­tieren. Sie könnten daraus lernen, wie weit ihre Aktivi­täten von dem entfernt sind, was heute nötig ist.

Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de, Aktuelles