Lufthansa hat sich wohl beim Kerosineinkauf verkalkuliert

In einem Interview der FAZ (leider kostenpflichtig) hat Boddenberg sich zur Lufthansa geäußert: "Sie (die LH) hat Verträge für den Kauf großer Mengen Kerosin einzuhalten". Die Lufthansa hat also auf Termin Kerosin gekauft, das sie eben nicht gebrauchen kann; sie hat wohl nicht die Lagerkapazitäten  und kann es, wenn überhaupt, aufgrund des Einbruchs der Ölpreise nur mit  großen Verlusten verkaufen.

Dem Geschäftsbericht 2019 kann man entnehmen, dass sie sich beim Kerosineinkauf langfristig absichert, m.E. zu langfristig. Und das erklärt vielleicht auch das Ausscheiden des Finanzvorstands  aus u.U.vorgeschobenen gesundheitlichen Gründen.

Grob geschätzt hat sie einen Jahresbedarf, der bei ca. 6,5 Mrd. € liegt, abgesichert; der Wertberichtigungsbedarf kann jetzt bei geschätzt 3 Mrd.  € liegen. Man sollte die Lufthansa auffordern, hier in einer Adhoc-Mitteilung Klarheit zu schaffen.

Vielleicht erklärt dies auch, warum die LH so auf schnelle Staatshilfe drängt. Aber erst einmal sollten die derzeitigen Aktionäre die Verluste tragen; erst wenn das Eigenkapital aufgebraucht und die LH damit insolvenzreif ist, sollte über einen Staatseinstieg diskutiert werden. Und dann stellt sich die Frage nach dem Erhalt der LH oder dem Modell Schweiz (Insolvenz der Swisssair und Neuaufbau einer neuen Fluggesellschaft).

Die Lufthansa hat übrigens in ihrem Risikobericht für das Geschäftsjahr 2018 an erster Stelle eine Pandemie genannt. Dass dies mit einem starken Rückgang des Flugverkehrs verbunden sein könnte, hat sie wohl bedacht, nicht aber der gleichzeitige Einbruch auf dem Ölmarkt.