Rückgang der Stickoxidbelastung

Der Zusammen­hang zwischen den Maß­nahmen zur Ein­dämmung der Ausbrei­tung des Corona-Virus und der Luft­verschmut­zung ist inzwi­schen sehr deut­lich gewor­den. Der Stick­stoff­dioxid-Gehalt in der Luft über den europä­ischen Metropol­regionen, der von einem Satel­liten der Europä­ischen Welt­raum­agentur seit einigen Jahren direkt gemessen wird, hat sich im Vergleich mit dem gleichen Zeit­raum des Vor­jahres nahezu über­all etwa halbiert. Auch für die Mes­sungen am Boden berichtet z.B. das HLNUG für Hesse deu­liche Rück­gänge.

Um diesen Rückgang genauer auszu­werten und etwa Rück­schlüsse zu ziehen, welche der nun deutlich redu­zierten Emissions­quellen wieviel zu den jeweils gemessenen Immis­sionen beige­tragen hat, ist es natür­lich noch zu früh. Es wird umfang­reichere Daten­sätze und aufwän­dige Modell­rech­nungen erfor­dern, zu verstehen, wie sich die Schad­stoff-Konzen­tra­tionen und -Bewe­gungen in der Atmo­sphäre aufgrund der redu­zierten Inputs verändert haben.
Auch für den umge­kehrten Zusammen­hang muss noch deutlich mehr geforscht werden. Zwar hat eine erste Studie die Satel­liten­daten genutzt und fest­gestellt, dass bei hoher Schad­stoff­belastung schwere Verläufe von COVID19 verstärkt auf­trete aber Korre­lation bedeutet noch nicht Kausa­lität (es soll auch mal eine deut­liche Beziehung zwischen der Zahl der Störche und der der Geburten im Land gegeben haben), und es gibt noch eine Menge anderer Para­meter, deren Einfluss berück­sichtigt werden müsste, ehe man ein­deutig fest­stellen kann: schlechte Luft erhöht das Risiko, an einer Corona-Infek­tion zu sterben. Plausibel ist die Hypo­these aber auf alle Fälle.

Aber auch wenn es schwierig ist, es wird immer­hin geforscht. Das ist nicht selbst­verständ­lich. Man kann auch, wie das unsägliche 'Forum Flug­hafen und Region', aus Angst vor unange­nehmen Ergeb­nissen lieber nichts tun und das damit recht­fertigen, man wolle nicht die "positiven bzw. negativen Folgen [der Krise] gegen­einander" stellen und deswegen keine beson­deren Auswer­tungen der gesam­melten Meßdaten vor­nehmen. Da erübrigt sich wohl jeder Kommentar.

Noch schwieriger wird es, wenn man betrachtet, was man aus den Wirkungen der Corona-Krise für die Vermei­dung der Klima­kata­strophe lernen kann. Zwar ist auch der Aus­stoss der Treib­haus ­gase in vielen Bereichen deutlich zurück gegangen, in anderen aber gestiegen, und globale Messwerte gibt es noch nicht. Erst recht nicht lässt sich abschätzen, welche Wir­kungen möglich wären.
Nur in wenigen Fällen kann man viel­leicht in absehbarer Zeit Ergeb­nisse erwarten, die ohne die derzei­tigen Ein­schrän­kungen nicht zu erhalten wären. So planen Wissen­schaft­ler*innen der DLR, die aktuell drastisch redu­zierte Zahl der Flug­bewe­gungen zu nutzen, um zu klären, welchen Einfluss Kondens­streifen auf das Klima haben. Damit wäre eine wichtige Klima­wirkung des Flug­verkehrs, die heute noch oft bestritten oder klein­geredet wird, endlich ein­deutig belegbar.

Lernen kann man aktuell wohl eher etwas aus dem Bereich der Politik. Schon früh­zeitig hat ein Kommentar darauf hinge­wiesen, dass die Mensch­heit auf die Klima­krise nicht so reagieren darf wie auf die Corona­krise: zunächst weg­schauen, verharm­losen, schön­reden, unange­nehme Schluss­folge­rungen vermeiden. Erst mit einer hohen Zahl von Toten und dem Zusammen­bruch der Gesund­heits­systeme vor Augen galt dann plötzlich: "Nichts ist unmöglich - Corona". Die Zeit­skalen, die für die Klima­entwick­lung relevant sind, erlauben solche 'Last Minute'-Reak­tionen nicht.
Dass diese Erkenntnis sich in den hiesigen Politik- d Wirt­schafts-Eliten durch­setzen könnte, ist aber beliebig unwahr­schein­lich. In der aktuellen Krise reagieren sie, als gäbe es die Bedrohung durch die Klima­verände­rungen nicht oder als sei das etwas, um das man sich später kümmern kann. Das lässt sich gut am Beispiel Lufthansa zeigen.

Der Konzern selbst zeigt bei seinen Reak­tionen auf die Corona­krise, wie auch sonst, keiner­lei klima­politische Verant­wortung. Bei den erzwung­enen Reduk­tionen des Flug­betriebs bleiben ausge­rechnet die besonders klima­wirksamen und zugleich völlig über­flüssigen inner­deutschen Flug­verbin­dungen über­propor­tional erhalten bzw. werden bevor­zugt wieder aufge­nommen. Zugleich erfolgt die Lobby­arbeit für Staats­hilfen in besonders dreister Form gemäss den strate­gischen Vor­gaben der IATA.
Trotz einiger "Irrita­tionen" folgt die Regierung im Wesent­lichen diesem Kurs. Das Wirt­schafts­minis­terium besteht darauf, alleine für die Verhand­lungen mit Lufthansa zuständig zu sein. 'Sach­fremde' Forde­rungen von seiten des Umwelt- oder des Sozial-Minis­teriums haben da keinen Platz. Anders­lautende Appelle, selbst von Wissn­schaftler*innen regierungs­naher Institu­tionen, haben natürlich auch keine Chance.

Man darf sich also keine Illusionen machen. Die Verbes­serungen der Umwelt- und Gesund­heits-Situation, die der derzei­tige Ausnahme­zustand mit sich bringt, sind für 'Politik' und 'Wirtschaft' irrele­vant. Ange­strebt wird die Rück­kehr zu einer 'Norma­lität', die Umwelt und Klima ruiniert, die Menschen krank macht, aber die Profite der Reichen sichert. Wer dagegen etwas tun will und glaubt, dass 'eine andere Welt möglich' ist, wird sich durch die aktuelle Situation bestätigt sehen. Die verhee­renden Begleit­erschei­nungen, die diese Situation mit sich bringt, werden den Kampf für diese andere Welt aber nicht einfacher machen.

Quelle:  www.bi-fluglaerm-raunheim.de, Aktuelles

Anmerkung:

in Hessen ist die Stickoxidbelastung um ein Drittel zurückgegangen: www.tagesschau.de/investigativ/ndr/stickoxid-corona-101.html. Dies legt die Vermutung, dass der Beitrag des Luftverkehrs bisher unterschätzt und der des Straßenverkehrs eher überschätzt wurde. Der Luftreinhalteplan für Frankfurt muss ja wohl überarbeitet werden; statt nur Autofahrer mit ziemlich unökonomischen Maßnahmen zu belasten, sollte man auch am Luftverkehr ansetzen. Ist z.B. Flugverkehr in Frankfurt mit Frachtflugzeugen notwendig? Für Fraport ist der ein Zuschussgeschäft.