Schallschutzurteil - es geht auch anders!

Die Presse spricht von einem spekta­kulären Schall­schutz-Urteil, die Anwältin der Kläger­*innen ist damit sehr zufrieden - so etwas kommt leider nicht allzu häufig vor. Un es assiert natür­lich nicht in Hessen, sondern - wieder einmal - in Berlin. Dort konnten (und mussten) in der Umsetzung des passiven Schall­schutzes, der vom Betreiber des neuen Flug­hafens Berlin-Branden­burg Inter­national (BBI, auch bekannt als Airport Willy Brandt, Steh­hafen, oder nach dem schon vergebenen IATA-Code Problem-BER) zu zahlen ist,vor Gricht schon einige wesent­liche Verbes­serungen durch­gesetzt werden.

Leider sind diese Erfolge nur sehr begrenzt auf andere Flughäfen über­tragbar. Konnte man Anfang letzten Jahres beim Urteil über die Raum­lüftung noch die Hoff­nung haben, dass die dort formu­lierten Grund­sätze, die sich auf allge­meine technische Normen stützten, auch anderswo durch­setzbar sein müssten, ging es diesmal bei der Frage, für welche Räume Anspruch auf Schall­schutz besteht, recht­lich betrachtet um eine Inter­pretation der Auflagen aus dem dortigen Plan­fest­stellungs­beschluss, so dass die Entschei­dungen eben auch nur für Berlin und Branden­burg direkte Wirkung haben.

Trotzdem darf man natürlich die Frage stellen, wie es sein kann, dass ein Flughafen­betreiber für einen Berliner Flug­hafen, der, falls er über­haupt jemals in Betrieb geht, lange nicht die Dimen­sionen erreichen wird, die der Frank­furter Flug­hafen heute schon hat, letzt­lich wahr­schein­lich rund zwanzig­mal mehr Geld für passiven Schall­schutz ausgeben muss? In Zahlen: nach einem im letzten Jahr in der hiesigen Flug­lärm­kommis­sion vorge­legten Sach­stands­bericht hat Fraport für den passiven Schall­schutz nach dem Ausbau 37,4 Millionen Euro ausge¿½geben - die Summe dürfte bis heute nur gering­fügig gestiegen sein. Der Schall­schutz-Etat des Berliner Betreibers FBB wird nach dem letzten Urteil auf rund 780 Millionen Euro geschätzt - und auch dort handelt es sich im Prinzip um einen Ausbau, denn der neue Flug­hafen liegt direkt neben dem alten (Schöne­feld). Und auch wenn es in der DDR mit Schall­schutz nicht weit her war, können die Unter­schiede so gross nicht sein. Auch Fraport hat erst sehr spät und sehr wenig darin investiert.

Die Diffe­renzen dürften im Wesent­lichen durch zwei Punkte zu erklären sein. Da die Ansprüche auf Schall­schutz nach den gesetz­lichen Rege­lungen, also nach dem Fluglärm­gesetz und den zuge­hörigen Verord­nungen, minimal und völlig unzu­reichend sind, hängt es von den Beding­ungen ab, die als Auflagen bei der Planfest­stellung formu­liert wurden, sowie davon, wie diese Beding­ungen von den jeweils zustän­digen Gerich­ten inter­pretiert werden. Hier ist es Fraport gelungen, mit Hilfe will­fähriger Landes­regie­rungen und entspre­chender Gerichte die Ansprüche der Anwohner zu minimieren. Zum Zweiten ist es aber den Initia­tiven in Berlin gelungen, bei den Fragen, in denen tech­nische Möglich­keiten und Anforde­rungen im Mittel­punkt stehen, wie etwa bei der notwen­digen Raum­belüf­tung, eine geschick­tere und fundier­tere Strategie zu finden, um hier Erfolge zu erzielen. Eine Über­tragung der dortigen Erfah­rungen auf das Rhein-Main-Gebiet steht noch aus.

<>Aktuell sollte es aber zunächst darum gehen, die gesetz­lichen Rahmen­bedingungen für den Lärm­schutz zu verbessern. Im derzeit laufenden Prozess der Über­prüfung des Fluglärm­gesetzes liegen Vorschläge vor, die von der Bundes­regierung ignoriert werden, in Überein­stimmung mit der Absichts­erklärung im Koalitions­vertrag, das Wachstum des Luft­verkehrs zu fördern, koste es, was es wolle.
Da ist es zwar nötig, genügt aber nicht, nur Kritik an der Absicht der Bundes­regierung zu äussern. Vielmehr wird es not­wendig sein, Aktivi­täten zu ent­wickeln, um Bundes­regierung und Bundes­tag deut­lich zu machen, dass sich die vom Fluglärm Betrof­fenen nicht mehr mit Schön­heits­korrek­turen abspeisen lassen wollen. Derzet st der 12. September für eine Aktion vor dem Reichstag im Gespräch - wer an mehr Schall­schutz interes­siert ist, sollte sich diesen Termin schon mal frei­halten.

 

Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de, Aktuelles