UFP-Anhörung

Das Umwelthaus hat einen Teil der Materi­alien zur UFP-Experten­anhörung am 22./23. August auf seiner Webseite veröffent­licht, weitere sollen folgen. Für einen ersten Über­blick ist aber genügend Material vorhanden.

Die ersten Vorträge zum Themen­komplex "Grund­wissen zum Ultra­feinstaub" brachten einen guten Über­blick, aber wenig Neues. Auch die kurze Rede von Minister Al-Wazir enthielt nichts, was nicht schon in seiner Presse­mittei­lung ein paar Tage vorher enthalten gewesen wäre. (Immerhin hat sein Beitrag einige weitere Landes­politiker motiviert, eben­falls zu erscheinen, sie sind dann aller­dings schnell wieder verschwunden.)
Auch die Vorträge zu den UFP-Belas­tungen in Innen­räumen, in länd­lichen Gebieten und in Städten gehörten in die Kategorie 'Netter Über­blick, aber nicht neu'. Spannend wurde es erst danach mit den Vorträgen, die sich auf Flug­häfen und Luft­verkehr bezogen.

Da war zuerst Herr Rindlis­bacher vom Schweizer Bundesamt für Zivil­luftfahrt, der einen Über­blick über die dort durchge­führten Messungen an Trieb­werken auf Test­ständen unter verschie­denen Lastzu­ständen und mit verschie­denen Treib­stoffen gab. Leider versäumte er es, verständ­lich darzu­stellen, welche Gemeinsam­keiten und Unter­schiede es zu den früher durch­geführten Messungen im Real­betrieb, z.B. in Brisbane und Los Angeles, gibt. Für einen Überblick über das Thema wäre das sehr wichtig gewesen, wurde aber auch von niemand anderem geleistet.

Eine besonders undankbare Aufgabe hatte der nächste Vortra­gende, Herr Lorentz vom Ingenieur­büro Lohmeyer. Als Leiter des Konsor­tiums, das das UBA-Projekt zur Model­lierung der UFP-Belas­tung durch den Flug­hafen Frank­furt durch­geführt hat, musste er versuchen, das komplette Scheitern dieses Projektes in einem mög­lichst milden Licht erscheinen zu lassen. Man kann ihm zugute halten, dass er sich dieser Aufgabe gestellt und den Mißerfolg weit­gehend einge­räumt hat (im Vortrag deutlicher als in den Folien). Und grund­sätzlich ist ein negatives Ergebnis in der Wissen­schaft ja auch durchaus normal. Wenn man eine Hypo­these aufstellt, muss man damit rechnen, dass sie im Test wider­legt wird.
Fraport-Bericht zu UFP zusammen­geschrieben hat.

Der Vortrag von Frau Rose vom HLNUG gab erwartungs­gemäß im Wesent­lichen die Ergeb­nisse des letzten Zwischen­berichts wieder. Hier lohnt es sich aller­dings, sich das Video ihres Vortrags anzu­sehen und die teil­weise doch ret eigen­willige Inter­preta­tion der Daten im Original zu hören. Es ist geradezu skurril zu hören, wie sie den Einfluss der Flug­bewegungen auf die Meß­daten diskutiert, ohne diese Daten in Bezug zur jeweils herr­schenden Betriebs­richtung und Flug­bewegungs­zahl zu setzen. Ebenso seltsam fällt die Diskus­sion der Transport­prozesse durch Wirbel­schleppen aus, und die Frage, warum boden­nahe Emissionen vom Flughafen über mehr als zwanzig Kilo­meter transpor­tiert werden können, während boden­nahe Emissionen von der Autobahn schon nach hundert Metern nicht mehr nach­weisbar sind, stellt sich ihr anscheinend garnicht.
Ebenso­wenig stellt sie einen Bezug zwischen den Daten aus London und Amsterdam, die sie anfangs stell­vertretend vorge­tragen hat, und den eigenen Messungen in Frankfurt her, obwohl von beiden einiges zu lernen wäre. Dennoch gehen die Ankündi­gungen über das weitere Vorgehen und die Einrichtung neuer Messungen zumindest teilweise in die richtige Richtung.

Direkt anschließend liess es sich Herr Fleuti vom Flughafen Zürich nicht nehmen, mit typisch schweize­rischer Zurück­haltung darauf hinzu­weisen, dass Frankfurt mit diesen Unter­suchungen ziemlich spät dran ist, während in Zürich schon seit 2011 umfang­reich gemessen wurde. Aller­dings befasste sich sein Vortrag zunächst haupt­sächlich damit, wie schwierig diese Messungen seien, und die vorge­stellten Ergeb­nisse bezogen sich auch nahezu ausschließ­lich, inklu­sive einer sog. 'Aus­breitungs­rechnung', auf das Flughafen­gelände selbst. Etwas unver­mittelt zeigte er auch noch ein 'Emissions­inventar', aus dem hervor­ging, dass die vom Flughafen hervor­gerufenen UFP-Emissionen zu 41% von Flugzeugen in der Luft, 51% von Flugzeugen am Boden und zu 8% voganzen Rest stammen. Wie genau das ermittelt wurde, wurde aller­dings nicht klar.
Der zweite Teil seines Vortrages bein­haltete ein nach seinen Worten ganz neues Resultat, und leider gab es zwischen dem, was dazu auf den verschie­denen Folien zu sehen ist, und dem, was er dazu gesagt hat, ein paar Wider­sprüche. Das ist sehr bedauer­lich, denn es ging um das spannende Thema, wieviel UFP durch Überflüge im Lande­anflug im über­flogenen Gebiet immit­tiert werden. Dazu wurde unter einer Anflug­linie über die letzten 10 km ein Meßprofil mit 6 Stationen angelegt, ausserdem gab es noch ein Quer­profil mit 5 Stationen. Gemessen wurde über 2 Wochen, die Stationen waren nur gering von anderen Quellen beeinflusst.
Als Ergebnis der Auswer­tung des Längs­profils hat er auf einer Folie mit der entspre­chendnGrafik festge­halten: "Allgemeiner Einfluss des Flug­betriebs ab 5-6km Distanz nicht mehr sichtbar. Einzel­ereig­nisse von Ãœber­flügen nur bei Wind <1-2m/s und Ãœberflug­höhe bis 260m zuordbar.", was bei HLNUG & Co. auf grosse Zustimmung gestossen sein dürfte. Aller­dings enthält schon die nächste Folie eine Auswer­tung des Quer­profils, das nach der Ãœbersichts­grafik in 6 km Entfer­nung angelegt war (Herr Fleuti vermutete es bei 4 km, aber da gibt es keinen Meßpunkt). Dort ist zu sehen, dass an der Stelle, wo im Längs­profil bei Flugbetrieb nur Werte im Bereich der Hinter­grund­belastung zu sehen waren, bei Wind­stille nun plötz­lich mehr als 4mal so hohe Werte und damit ein sehr ein­deutiger Einfluss des Flug­betriebs zu sehen sind. Herr Fleuti und sein Team werden sich ihre eigene Ein­schätzung, wonach der "Wind­einfluss äusserst dominant" ist, zu Herzen nehmen und ihre Aussage, wo der Einfluß der Ãœberflüge eine Rolle spielt, üer­prüfen müssen.

Der Vormittag des zweiten Anhörungs­tages beschäftigte sich mit gesund­heit­lichen Fragen. Von der Frage, was es für die Fest­legung von Grenz­werten braucht, über vor­liegende Erkennt­nisse zu Toxiko­logie und Epidemio­logie von UFP bis zu Berichten von zwei laufenden Studien in Amsterdam und Kopen­hagen gab es viele interes­sante Informa­tionen und einen guten Überblick, aber auch hier nichts wirklich Neues. Im Hinblick auf die von der Landes­regierung ange­kündigte Studie war besonders bedauer­lich, dass aus keinem der Vorträge zu erkennen war, welche Unter­suchungen das Thema jetzt deutlich voran bringen könnten.
Der Nachmittag beschäftigte sich mit "Möglich­keiten zur Minderung von UFP" und war weit­gehend ent­täuschend. Bill Hemmings von Transport & Environment, der als einziger Vertreter einer Umwelt­organi­sation als Referent einge­laden war, sollte über Al-Wazirs neues Lieblings­thema, die Entschwe­felung von Kerosin, referieren. Er ï½ber­schätzte aber seine Deutsch­kennt­nisse deutlich, und sowohl seine Folien als auch sein münd­licher Vortrag waren schwer verständ­lich und teil­weise ärger­lich ungenau. Worum es ihm im Kern ging, kann man besser in den einschlä­gigen Beiträgen auf der T&E-Webseite nach­lesen: die Luftver­schmutzung durch Schwefel ist insbe­sondere durch die Schiff­fahrt noch recht hoch, aber es gibt aussichts­reiche Initia­tiven, dies durch Nach­rüstung der ffi­nerien zu redu­zieren, und das sollte genutzt werden, um in allen Bereichen, auch im Luft­verkehr, Schwefel-freie Treib­stoffe durchzu­setzen. Wieviel das in Europa zur Redu­zierung der Belastung durch Ultra­feinstaub beitragen könnte, konnte er nicht sagen.
Auch die beiden DLR-Vertreter ent­täuschten. Herr Schripp hielt einen eupho­rischen Vortrag über die Möglich­keiten alter­nativer Treib­stoffe, der auf kritische Einwände insbe­sondere gegen Biotreib­stoffe nicht ernsthaft einging, und Herr Reichmuth einen erstaun­lich oberfläch­lichen Vortrag über die Möglich­keiten der Opti­mierung des Boden­verkehrs an Flughäfen.

Zum Schluss wurde es noch einmal politisch. In einer 'Erkenntnis­runde' sollten die 'Themen­verantwort­lichen' (Frau Dr. Steul, Frau Dr. Brohmann, Frau Barth) gemeinsam mit der Moderatorin noch einmal die Ergeb­nisse reflek­tieren, und die Vorsit­zenden des FFR, Prof. Wörner, und der Flug­lärm­kommission, Thomas Jühe, sollten einen Ausblick über das weitere Vorgehen geben. Hier liegen die schrift­lichen Fassungen leider noch nicht vor, und viel­leicht kann man aus den Formu­lierungen noch das eine oder andere heraus­lesen.
Für den BBI-AK 'Feinstaub' haben Joachim Alt und Wolfgang Schwämm­lein im Nachgang zu der Anhörung eine Standort­bestimmung verfasst, die Schluss­folge­rungen aus den Vorträgen zieht undorde­rungen entwickelt.

Insgesamt blieb der Eindruck: eine durchaus interes­sante Veranstal­tung, mit Höhen und Tiefen, wichtigen Informa­tionen und ober­fläch­lichem Geschwätz, aber ohne konkretes Ergebnis. Viele Wider­sprüche blieben einfach im Raum stehen, viele Fragen blieben offen, und es zeichnete sich kein Konzept ab, wie damit umzu­gehen sei und wie man weiter voran kommen könne. Im Gegen­teil hatte man über­wiegend den Eindruck, dass alle mehr oder weniger stolz auf ihre eigene Arbeit waren und kein Interesse an einer irgendwie gearteten Abstimmung oder einem gemein­samen Vorgehen hatten. Und was über die mittel­europä­ischen Grenzen hinaus passiert, war ohnehin an beiden Tagen kein Thema.
Wenn mit dieser Veran­staltung Input für die geplante umfang­reiche Studie zu UFP am Flughafen Frankfurt gesammelt werden sollte, dann bleibt es wohl den üblichen Verdäch­tigen über­lassen, dieses Material im Hinter­zimmer auszu­werten und die Studien­elemente zu konzi­pieren. Nach einer Ankündigung des UNH sind das die "Gremien des FFR" und dessen "wissenschaftliche Begleitung", sprich das Öko-Institut.
Und so bleiben die Konflikt­linie so, wie sie vorher auch waren, und der Streit, woher die UFP-Belastung für die Bevölke­rung rund um den Frank­furter Flug­hafen kommt und wie ihr zu begegnen wäre, ist um ein paar Argu­mente reicher, aber einer Entschei­dung nicht näher. Die Auseinander­setzungen müssen und werden weiter­gehen. Und sie werden zwar auch um die wissen­schaft­lichen Ergeb­nisse, im Kern aber um deren Konse­quenzen und die notwen­digen politi­schen Maß­nahmen gehen - wie in anderen Bereichen auc.

 

Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de