Schon die ZwischenÂergebÂnisse liessen vermuten, dass das nicht gelingen würde, und der Bericht bestätigt es.
Dass die BeurteiÂlung durch den AuftragÂgeber trotzdem positiv ausfällt, liegt an einer nachÂträgÂlichen UmdefiniÂtion. Während es in der LeistungsÂbeschreibung bei AusÂschreibung des Projekts noch hiess: "Durch ModellÂrechÂnungen soll die räumÂlich differenÂzierte ExpoÂsition der BevölkeÂrung in der UmgeÂbung eines GroßÂflugÂhafens von bis zu ca. 30 km ermitÂtelt werden", wurde daraus bei Vorstel�lng des Berichts eine Studie, "die durch die AnwenÂdung vorhanÂdener Emissions-DatenÂsätze und KombiÂnation möglicher ModellÂansätze die modellÂhafte BeschreiÂbung der UltraÂfeinÂstaubÂkonzenÂtration wiederÂgibt und deren aktuelle Grenzen aufÂzeigen soll (MachÂbarÂkeitsÂstudie)". Und zur MachÂbarÂkeit gibt es auch eine einÂdeutige Aussage: So geht's nicht.
Trotzdem müssen natürlich für die ÖffentÂlichÂkeit einige handÂfeste ErgebÂnisse vorgeÂzeigt werden. Dies geschieht in der PresseÂmitteiÂlung des UmweltÂbundesÂamtes, mit der der AbschlussÂbericht vorgeÂstellt wird. Die wesentÂliche Botschaft steht in der ÃœberÂschrift: "Turbinen-Abgase am Boden sind größte Quelle für UltraÂfeinÂstaub von FlugÂhäfen". Im Text heisst es dann zwar noch: "Die Hälfte davon entfällt auf RollÂbeweÂgungen der FlugÂzeuge am Boden, die andere Hälfte auf Start- und LandeÂvorgänge", aber im Kern wird das Dogma bestätigt: die FreiÂsetzung der ultraÂfeinen PartiÂkel erfolgt auf dem FlugÂhafenÂgelände, von dort aus verteilt sie der Wind.
Für dies Ergebnis braucht es allerÂdings keinerlei ModellÂrechnung, es ist schon durch die zugrunde gelegten Input-ParaÂmeter festÂgelegt. Für die Prozesse 'Landung', 'RollÂbewegung am Boden', 'Start' und 'Steigflug' sind jeweils EmissionsÂfaktoren für UFP vorgeÂgeben. Man muss also nur wissen, wie häufig jeder dieser Prozesse vorkommt, um durch MultipliÂkation und AufsumÂmieren die jeweiÂligen Anteile zu berechnen. Um herausÂzufinden, wie plausibel diese Aussage ist, muss man wesentÂlich tiefer in den Bericht einÂsteigen (s. unten).
Genauso ist es mit der zweiten Aussage in der Unter-ÃœberÂschrift: "Weniger Schwefel im Kerosin und elekÂtrische Schlepper am Boden können EmisÂsionen stark senken". Auch das hat nichts mit der ModelÂlierung zu tun. Der SchwefelÂgehalt des Kerosins kommt dort garnicht vor, es wird vielÂmehr ein konstanter mittÂlerer Gehalt angeÂnommen und der EmissionsÂfaktor entspreÂchend angeÂpasst. Aussagen dazu, welche AuswirÂkungen eine VariaÂtion dieses mittÂleren Gehalts haben würde, gibt es nicht. Und dass, wenn man die LaufÂzeit der Turbinen am Boden durch den Einsatz von SchlepÂpern reduziert, diese weniger emitÂtieren, ist so trivial, dass es dafür keinerlei Rechnung braucht.
Das heisst natürlich nicht, dass die daraus resulÂtierenden EmpfehÂlungen falsch wären. NatürÂlich hat Schwefel in BrennÂstoffen, auch im Kerosin, nichts zu suchen, und VerÂbrennungsÂmotoren durch elekÂtrische Antriebe zu ersetzen, macht auch Sinn, falls der Strom aus erneuebaren Energien kommt. Diese ErkenntÂnisse stammen aber nicht aus diesem Projekt. Und auch die dritte EmpfehÂlung: "PartikelÂemisÂsionen hängen aber auch von der TriebÂwerksÂtechnoÂlogie ab. EntspreÂchend ausgeÂstaltete emissionsÂabhängige LandeÂentgelte können daher wichtige Anreize setzen, diese zu reduÂzieren", könnte Sinn machen, hat aber mit ProjektÂergebÂnissen ebenso wenig zu tun.
Was gibt es also aus dem Projekt wirklich zu lernen? Der Bericht enthält durchaus eine Reihe von interesÂsanten techÂnischen Details und kritiÂschen DiskusÂsionen, aber die auf zweiÂeinhalb Seiten zusammenÂgefassten SchlussÂfolgeÂrungen und der Ausblick sind extrem dünn.
Für das Versagen der ModelÂlierung wird im WesentÂlichen eine ErkläÂrung gelieÂfert: das Modell LASPORT, das für die ModelÂlierung der PartikelÂemissionen aus den FlugÂzeugÂtriebÂwerken genutzt wird, kann nur einen Teil der ultraÂfeinen Partikel, die sog. 'nicht-flüchtigen' oder Primär-Partikel, darÂstellen. LedigÂlich das Modell für die HinterÂgrundÂbelastung erfasst die GesamtÂzahl der Partikel (und domiÂniert deshalb die BelasÂtung im GesamtÂmodell extrem, weitaus mehr als in anderen UnterÂsuchungen).
Dass das fatale AuswirÂkungen auf alle ErgebÂnisse hat, kommt nicht überÂraschend. Eine aktuell vom DLR, dem Deutschen Zentrum für Luft- und RaumÂfahrt, erstellte
Solange die Modelle diese Prozesse nicht erfassen, kann es in der Tat keine ÃœberÂeinstimÂmung zwischen Messungen und ModellÂergebÂnisn geben. Der ebenÂfalls im Bericht geäusÂserte Vorschlag, doch bitte das zu messen, was sich auch modelÂlieren lässt, ist aus deren Sicht zwar verständÂlich, hilft jedoch nicht dabei, die tatsächÂliche BelasÂtung der betrofÂfenen BevölkeÂrung zu ermitteln. Dazu müssen sowohl die Messungen (u.a. auf den Bereich bis 10 nm) erweitert als auch die ModelÂlierungen wesentÂlich verbesÂsert werden.
Was das UmweltÂbundesamt als AuftragÂgeber aus dem Projekt lernt, wird sich genauer sagen lassen, wenn Details zu dem NachÂfolge-Projekt vorÂliegen, dass diesmal am neuen Berliner FlugÂhafen durchgeÂführt werden soll. VielÂleicht gibt es bis dahin auch schon ErgebÂnisse aus den EU-Projekten mit den klangÂvollen Namen AVIATOR und RAPTOR, die einige von den Fragen thematiÂsieren, an denen das UBA-Projekt gescheiÂtert ist, aber darüber hinaus noch weitere spannende Themen, auch zu gesundÂheitÂlichen Folgen und mögÂlichen RegulieÂrungen, betrachten.
Wer sich dafür interesÂsiert, sollte sich aber auch die CORDIS-Seiten zu href="https://cordis.europa.eu/project/id/814801" title="Neue Seite (engl.): EC-CORDIS AVIATOR 'Assessing aViation emission Impact on local Air quality at airports: TOwards Regulation'" target="_blank">AVIATOR und RAPTOR ansehen, denn kurioser Weise sind nicht alle ErgebÂnisse auf den jeweiÂligen HomeÂpages zu finden.
Wie man aktuell die BelasÂtungen durch UltraÂfeinÂstaub besser erfassen kann, zeigt z.B. eine neue Studie aus den USA. Ãœber zwei Jahre wurden rund um den FlugÂhafen von Seattle in einem Umkreis von 10 km mobile Messungen von UltraÂfeinÂstäuben (bis hinunter zu 10 nm DurchÂmesser) und anderen LuftÂschadÂstoffen durchÂgeführt. Durch komplexe statisÂtische Analysen konnten die Autoren zeigen, dass zwar die höchsten UFP-AnzahlÂkonzentraÂtionen durch den StrassenÂverkehr erzeugt werden, die aber nach wenigen hundert Metern auf HinterÂgrundÂniveau abfallen. Dagegen finden sich unter den FlugÂrouten, insbeÂsondere unter den LandeÂanflügen, stark erhöhte Werte, die sich über eine viel grössere Fläche erstrecken und deutlich mehr zur BelasÂtung der BevölkeÂru beiÂtragen.
Und damit wären wir auch wieder bei der KernÂaussage des UBA-Berichts, wonach die "Turbinen-Abgase am Boden ... größte Quelle für UltraÂfeinÂstaub von FlugÂhäfen" sind. Diese Aussage resulÂtiert aus der VernachÂlässigung eines wesentÂlichen Anteils der BelasÂtungen, und das sie falsch ist, ergibt sich schon daraus, dass mit dieser Annahme die gemesÂsenen Werte nicht erklärt werden können. Es wäre also höchste Zeit, dass auch für das hessische UFP-Projekt entspreÂchende KonseÂquenzen gezogen und die ProjektÂinhalte entspreÂchend angeÂpasst werden. Leider gibt es bisher keinerlei Hinweis, dass das passieren könnte.
Zwar wurde bei der PräsenÂtation des SachÂstands dieses Projekts in der FlugÂlärmÂkommisÂsion neben einigen sinnÂvollen ErgänÂzungen des HLNUG-MeßÂprogramms (leider nicht die, die hier diskuÂtiert wurden) auch eine 'WissenÂschaftÂliche QualiÂtätsÂsicheÂrung' und ein 'TransÂparenzÂpapier' angeÂkündigt, aber das kennen wir ja schon von anderen derarÂtigen Projekten: dort haben sie nichts bewirkt. Auch hat wohl niemand in der FLK DiskusÂsions- oder ÄnderungsÂbedarf angemeldet (das Protokoll liegt aktuell noch nicht vor).
Dabei liegt es nach dem Scheitern des UBA-Projektes auf der Hand, was passierem müsste. EinerÂseits müssen natürÂlich die AusÂbreitungsÂmodelle für UFP erweitert werden, damit sie auch alle TeilchenÂarten und -grössen erfassen können. Aber vor allem müssen die Messungen so erweitert werden, dass sie erlauben, alle releÂvanten Prozesse der EntÂstehung und VerbreiÂtung von UFP zu identiÂfizieren. Erst dann kann man erwarten, dass Modelle die verbleiÂbenden WissensÂlücken sinnvoll füllen können.
Ein erster Ansatz dazu wäre, die statioÂnären HLNUG-MesÂsungen durch Methoden, wie sie z.B. in Seattle angeÂwendet wurden, zu ergänzen. Um die Rolle der ÃœberÂflüge wirkÂlich zu erfassen, wäre allerÂdings etwas mehr Aufwand notwendig. Denkbar wären z.BMeßarrays aus LIDAR-Geräten und PartikelÂzählern unter den An- und AbflugÂlinien, mit denen die AusbreiÂtung der WirbelÂschleppen im NahÂbereich des FlugÂhafens und die dadurch bewirkÂten PartikelÂtransporte nachgeÂwiesen werden könnten. Die grundÂlegenden Methoden sind bekannt und könnten sicher mit vertretÂbarem Aufwand angeÂpasst werden.
Mit solchen ArbeitsÂpaketen könnte das Projekt sicher wesentÂliche Beiträge zu den wichÂtigsten offenen Fragen leisten. Aber leider scheint es niemanden zu geben, der genug Interesse und Einfluss hätte, so etwas durchÂzusetzen.
Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de, Aktuelles