Ultrafeinstaub: wieder ein Schritt vorwärts

Am 20.08. hat das 'Hessische Landesamt für Natur­schutz, Umwelt und Geologie' (HLNUG) den 2. Zwischen­bericht zu den Messungen ultrafeiner Partikel (UFP) rund um den Frankfurter Flughafen veröffent­licht und dokumentiert darin, dass es weitere Schritte auf dem richtigen Weg zur Erfassung der UFP-Belastung der Anwohner durch den Flug­verkehr gegangen ist. Bis zum Ziel ist es aber immer noch ein langer Weg.

In der Zusammen­fassung, die dem Bericht voran­gestellt ist, wird fest­gestellt, "dass der Flugbetrieb eine bedeutende Quelle für ultra­feine Partikel darstellt, die zu erhöhten Konzen­trationen in der Umgebung führt. Das Gebiet, auf dem ultra­feine Partikel aus Flugzeug­triebwerken freige­setzt werden, die dann auch Auswir­kungen auf die boden­nahen UFP-Konzen­trationen haben können, beschränkt sich nicht nur auf das Flughafen­gelände selbst, sondern erstreckt sich auch entlang der Anflug­linien, nach erster Schätzung bis zu einem Abstand von etwa 7-8 km vom Aufsetz­punkt. Auf dieser Fläche werden große Mengen an UFP entweder bodennah emittiert (auf dem Flug­hafen­gelände) oder auf geringen Flughöhen (unter­halb etwa 400 m), die anschließend auch von Wirbel­schleppen zum Boden verfrachtet werden können (entlang der Anflug­korridore)."

Das sind gegenüber dem letzten Bericht gleich zwei Fort­schritte. Zum einen wird nun endlich eingeräumt, dass die Überflüge für die Belastung am Boden eine Rolle spielen, und zum anderen auch anerkannt, dass Wirbel­schleppen für den Transport der Trieb­werks-Emis­sionen relevant sind.
Zwar folgen dann auch wieder Einschrän­kungen, die schwer zu verstehen sind. So sollen Überflüge nur "unter­halb einer Flughöhe von ca. 400 m" und "bis zu einem Abstand von etwa 7-8 km vom Aufsetz­punkt" Wirkungen am Boden erzeugen, obwohl diese Aussagen durch die Mess­ergebnisse nicht zu belegen sind. Besonders skurril ist aber die Tatsache, dass für den Nachweis der Wirkungen direkt unterhalb der Anflug­linien ein armer Master-Student der Frank­furter Meteoro­logie mit einer völlig unzu­reichenden Ausstat­tung rund um den Flughafen Partikel­anzahl-Konzentra­tionen in Relation zu Überflügen messen sollte, wenn gleich­zeitig im Datenpool des HLNUG drei Jahre zeitlich hoauf­gelöster Messungen in Raunheim danach schreien, mit den exakten Überflug­daten der Fraport in Abhängig­keit von den ebenfalls an der Raunheimer Station gemessenen Wind­daten korreliert zu werden, um diesen Zusammen­hang auf einer viel besseren statis­tischen Basis und mit wesent­lich genaueren Daten zu über­prüfen.
Auch andere Aussagen in diesem Bericht sind noch mit Frage­zeichen zu versehen oder werfen neue Fragen auf. So wird z.B. nirgendwo der Versuch gemacht, zu erklären, wie denn die bodennahen Emissionen vom Flughafen selbst über mehrere Kilometer im Umland hohe Belastungen erzeugen können, wenn gleich­zeitig Messungen belegen, dass die Emissionen des Kfz-Verkehrs auf der viel­befahrenen Autobahn A3 schon nach 100 Metern nicht mehr nachge­wiesen werden können.

Alles in allem sind die Aussagen des Berichts aber erfreulich seriös und eine wertvolle Quelle weiterer Informa­tionen. Sie stehen damit in starkem Kontrast zu dem Unsinn, den Fraport nur sechs Wochen vorher verbreitet hat. Immerhin hat auch das Verkehrs­ministerium die Wende zum großen Teil mitvoll­zogen. Die Presse­mittei­lung, die Verkehrs­minister Al-Wazir zusammen mit Umwelt­ministerin Hinz aus Anlass der Veröffent­lichung des HLNUG-Berichts verbreitet hat, gibt die wesent­lichen Inhalte des Berichts wieder und korrigiert mit frühere Aussagen. Die Schluss­folgerungen, die die beiden Minister ziehen, sind aller­dings wenig konsequent.

"Ultrafeinstaub reduzieren" ist sicher­lich eine richtige und notwendige Konsequenz, aber die von Al-Wazir und Hinz angekündigten Schritte taugen dafür nur sehr bedingt. Natürlich ist es richtig und wichtig, den Schwefel­gehalt im Kerosin weiter zu senken, aller­dings mehr aus Gründen des allgemeinen Gesund­heits- und Umwelt­schutzes. Unter­suchungen des DLR haben schon vor 20 Jahren gezeigt, dass bei niedrigen Schwefel­gehalten, wie sie derzeit in Europa schon erreicht werden, die Partikel-Bildung in den Triebwerks­abgasen durch andere Komponenten, in erster Linie Aromaten, reguliert wird.
Aber selbst wenn durch Schwefel-Reduktion noch etwas dies­bezüglich erreicht werden könnte, würde das nur helfen, wenn es auf inter­nationaler Ebene geschehen würde, weil Flugzeuge nun mal auf der ganzen Welt tanken und mit diesem Sprit nach Europa kommen. Die ICAO hat aber nach fast 10jährigen Bemühungen gerade erst einen (schwachen) Standard für Partikel­emissionen künftiger Trieb­werke beschlossen und wird hier nicht so schnell mit weiteren Maßnahmen nachbessern.
Und auch die von den beiden Ministern anvisierte große Lösung, die alter­nativen Treib­stoffe, passt zwar sehr schön zur angestrebten neuen Luftfahrt-Politik des Bundes, was damit aber wann erreicht werden kann, bleibt völlig offen. Selbst Technik-Opti­misten glauben nicht an schnelle Lösungen, und kritische Stimmen weisen noch auf viele weitere Probleme hin.

Bleibt noch die Frage, was aus der angekün­digten Wirkungs­studie werden soll. Bisher ist nicht erkennbar, dass die durch­geführten und geplanten Messungen in abseh­barer Zeit eine ausreichende Daten­basis für eine umfang­reiche epidemio­logische Studie, die Voraus­setzung für die Entwicklung von Grenz­werten wäre, liefern könnten. Aber diese Frage wird vielleicht nach der 'Experten­anhörung', die am Donnerstag und Freitag an der Frankfurter Uni stattfindet, genauer beantwortet werden können.